Das ungewöhnliche Verhalten von Proteinen in Speicheltropfen könnte eine seit Langem rätselhafte Eigenschaft von uber die Luft verbreiteten Viren erklären. Eigentlich sollten Krankheitserreger wie Sars-CoV-2 nämlich in trockener Luft sehr schnell zerstört werden, weil das Wasser aus den Tröpfchen im Aerosol verdunstet – man beobachtet aber genau das Gegenteil. Atemwegserreger scheinen sich in trockener Luft, wie sie zum Beispiel in Innenräumen im Winter herrscht, sehr gut zu verbreiten. Eine Arbeitsgruppe um Ryan Davis von der Trinity University en Texas schlägt nun vor, dass Proteine in Speicheltropfen zu einer Art Glas erstarren, das enthaltene Viren vor Schäden durch Austrocknung schützt.
Wenn Speicheltröpfchen an die Luft gelangen, beginnt das Wasser in ihnen zu verdunsten. Die Konzentration von Salzen steigt, und zu viel Salz zerstört die äußere Membran von Viren wie Sars-CoV-2 oder Influenza. Man würde deswegen erwarten, dass Viren in Aerosolen in feuchter Luft besonders lange überleben und umso schneller inaktiv werden, je trockener die Luft ist. Tatsächlich aber scheint diese Beziehung nur bis zu einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 bis 80 Prozent zu gelten; wird die Luft trockener, überdauern die Viren im Aerosol wieder länger.
Das erklärt die Arbeitsgruppe nun mit einer festen Kapsel aus einem Proteingel, die sich in trockener Luft in den Tröpfchen bildet. Wie sie in der Zeitschrift “PNAS” berichtet, verhalten sich Aerosoltröpfchen aus simuliertem Speichel dann nicht mehr wie Tröpfchen, sondern eher wie elastische oder gar feste Körper. Unter dem Mikroskop zeigte sich, dass sich die Flüssigkeit der Tröpfchen in eine flüssige und eine feste Phase aufgeteilt hatte. Das Team interpretiert das als Anzeichen für einen Glasübergang. Dabei verbinden Kalziumionen die Molekülketten der Proteine miteinander, so dass sich diese im Tröpfchen als festes Material von der Flüssigkeit trennen.